Am 23. Mai versammelte sich die Schweizer Finanzindustrie an der Swiss Digital Finance Conference an der Hochschule Luzern. Mehr als 100 Teilnehmer fanden sich zusammen, um sich zu den neuesten Technologietrends und den Wandel in der Branche auszutauschen und zu networken. Auch Inventx war vor Ort und gibt nachfolgend einen Überblick, welche Themen dem Finanzsektor aktuell «auf den Nägeln brennen».
Namhafte Redner – darunter die CEO der Hypothekarbank Lenzburg, Marianne Wildi, als Keynote-Speakerin, Martin Meyer, Head Innovation GWM UBS, Adrian Schatzmann, Strategic Advisor Schweizerische Bankiervereinigung, oder Markus Schwab, Programmleiter Digitale Transformation PostFinance – analysierten die Situation, stellten Best Practices vor und gaben Ausblicke in die digitale Zukunft der Branche. Breiten Raum gab der Anlass den «jungen Wilden» aus der Fintechszene, die mit ihren innovativen Lösungen für Open Banking im Wealth Management, digitale Aktien für KMU oder einer Kryptobörse als neuem Baustein in der Value Chain den Nachmittag füllten.
Eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion widmete sich dem Thema, ob die Disruption im Digital Finance künftig aus Asien über uns hinwegrollt.
Ökosysteme, Ko-Innovation, Open Banking, digitale Geschäftsmodelle – Themen, die die Branche bewegen
Das Fazit vorweg: Ja, grosse Player wie Baidu oder Alibaba drängen in die Finanzindustrie. Doch nicht nur aus Asien droht dem Schweizer Finanzsektor Gefahr. Auch die amerikanischen Big 4 Google, Amazon, Facebook und Apple – kurz GAFA – attackieren die klassischen Banken. Die Banken wiederum sind durch die Vielzahl ihrer Legacy-Systeme weniger beweglich, während die neuen Challenger ihre Finanzinnovationen auf der «grünen Wiese» und mit hoher Technologiekompetenz vorantreiben können.
Doch viel Ermutigendes war an der Konferenz zu hören. Den Rednern ist bewusst, dass der Wandel unaufhaltsam und tiefgreifend ist. Schlagworte wie Ökosysteme und Ko-Innovation zwischen Banken und Fintechs, Open Banking, digitale Geschäftsmodelle oder Blockchain waren in vielen Referaten zu hören.
Professor Dr. Georges Grivas gab in seiner Begrüssungsrede einen Abriss über die Rahmenbedingungen für Innovation – insbesondere für die mehr als 319 per April 2019 in der Schweiz aktiven Fintechs, für die mit der per 1.1.2019 in Kraft getretenen Fintech-Lizenz wesentliche Markteintrittshürden beseitigt wurden. An PSD2, Open Banking und Plattform-Ökonomie führt seiner Ansicht nach kein Weg vorbei, was zeigt dass die Inventx mit ihrer Open Finance Plattform auf dem richtigen, erfolgversprechenden Weg ist. Mobile First führt zu Mobile Only; Künstliche Intelligenz, Big Data und Robotics, Blockchain und generell DLT werden die Branche weiter umwälzen.
Marianne Wildi lieferte zu diesen Ausführungen die Best Practice der Hypothekarbank Lenzburg, die in der Branche mit ihrer Open Banking API als Vorreiter gilt. Ihr Erfolgsrezept:
- Kooperationen mit Fintechs,
- Lernen von anderen Branchen,
- für die Entwicklung von neuen Produkten und Services Technologie so einsetzen, dass die Bank sich wettbewerbsdifferenzierend bei ihren Kunden positionieren kann.
Für Martin Meyer von der UBS gibt es «noch zu wenige Marianne Wildis in der Schweiz». Er verglich den Wandel in der Finanzbranche mit dem Bau des Gotthardtunnels zu Zeiten Alfred Eschers: Die Kutscher haben ihre Kutschen besser gemacht, doch mit dem Durchbruch der Eisenbahn haben sie nicht gerechnet, so dass ihre Branche heute nur noch Traditionswert hat. Für ihn ist der Kultur- und Mentalitätswandel entscheidender als die Technologie. Etwas wagen, experimentieren und nicht einfach Trends hinterherlaufen sind seine Aufforderung an die Branche. Die Schweiz kann mit ihren Werten wie Trust und Transparenz sowie Sicherheit punkten. Doch jetzt sind Risikobereitschaft, Führungskompetenz und Schnelligkeit bei der Einführung von Innovationen ebenso wichtig.
Von der Bankiervereinigung bis zu den Fintechs – alle sind mit im Boot für den digitalen Wandel
Die Schweizerische Bankiervereinigung hat in diesem Sinne ihre Prioritäten für 2019 gesetzt, wie Adrian Schatzmann ausführte: die e-id, Blockchain, Open Banking, Digital Assets und die Cloud stehen auf dieser Liste ganz oben. Bereits hat man einiges getan, um die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein Cloud-Leitfaden wurde bereits veröffentlicht. Eine Open-Banking-Arbeitsgruppe wird gestartet. Weitere Arbeitsgruppen arbeiten an Themen wie Information Security oder DLT.
Markus Schwab von der Postfinance gab in seinem Referat zu bedenken, dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist. Das Ziel ist es, Kundennutzen zu schaffen und gleichzeitig Kosten zu senken. Die Postfinance verfolgt dabei drei Stossrichtungen:
- Digitalisierung des bestehenden Geschäfts,
- Ausbau an den «Rändern» des Kerngeschäfts wie beispielsweise Verbesserung des digitalen Onboarding-Prozesses und
- die fixe Allokation von substanziellen Investitionsbudgets, um die Kunden vom digitalen Bankingerlebnis zu begeistern, in neue Märkte einzutreten und das Plattformgeschäft voranzutreiben.
Den Referaten der Fintechs gemeinsam war – bei aller Unterschiedlichkeit ihrer innovativen Lösungen – dass sie radikal die Kundenbedürfnisse ins Zentrum stellen. Ihre Lösungen sind von vornherein digital geboren, was beispielsweise 7x24h-Verfügbarkeit, Realtime-Settlements oder geringe Transaktionskosten möglich macht.
Zwar war viel von Technologie die Rede. Doch Einigkeit herrscht in einem Punkt: Der Mensch ist entscheidend. Er muss in diesen Transformationsprozess einbezogen werden. Für Ausruhen und Zurücklehnen ist keine Zeit. Aber die Zukunft verspricht spannend zu werden.