Noch vor wenigen Jahren waren die Banken im Vorteil, die frühzeitig auf ein möglichst umfassendes Kernbankensystem gesetzt hatten. Indem die Finanzinstitute ihre proprietären Systeme ablösten und auf Standards setzten, gewannen sie an Effizienz und konnten Kosten sparen. Core-Banking-Systeme wie Avaloq und Finnova setzten zu einem Siegeszug durch die Schweizer Bankenwelt an.
Kernbankensysteme sind auch heute noch das Rückgrat der Bankeninformatik. Doch es geht nun um mehr als nur darum, Kosten zu sparen. Der Kunde und seine Bedürfnisse stehen im Zentrum. Und diese Bedürfnisse sind ebenso heterogen wie rasch wandelbar. Damit rückt die Bankleistung als solche in den Hintergrund und ist lediglich noch «Mittel zum Zweck»: Der Kunde will einen Kaffee trinken, nicht an der Kasse stehen und ihn bezahlen. Er möchte ein Haus kaufen und nicht durch Hypothekarofferten blättern. Der Blick über den eigentlichen Bankprozess hinaus erfordert allerdings auch eine neue Herangehensweise, wie das Kundenerlebnis ganzheitlich digital in der IT abgebildet werden kann.
Wollen Banken ihre Services bedürfnisgerechter anbieten, müssen sie schneller und flexibler werden. Damit einher gehen drei Entwicklungen in ihren Infrastrukturen: Diese müssen modularer, offener und skalierbarer werden.
Modularität: Der Trend geht hin zu Modulen, die einzelne Dienstleistungen abdecken und relativ rasch implementiert oder im as-a-Service-Modell bezogen werden können. Eine Service-orientierte Architektur sorgt dafür, dass diese Module anbieterübergreifend über ein einziges Frontend verwaltet und dem Kunden zur Verfügung gestellt werden können. Stabiler Betrieb im Backoffice geht mit neuen Tools im Front-Office einher, was zu einer «bimodalen» IT führt, die beiden Anforderungen gleichermassen gerecht wird.
Offenheit: Die neue Offenheit Drittanbietern gegenüber erstreckt sich u. a. darauf, dass Daten mit Zustimmung des Kunden sicher und Compliance-gerecht über die APIs für Verarbeitung, Austausch und Nutzung fliessen können. Open Banking ist daher Teil eines breiteren Trends zum Datenaustausch und zum Abbau von Barrieren für den Datenzugriff bei gleichzeitiger Erhöhung der Kontrolle der Kunden über ihre Daten. Mit PSD2 ist EU-weit (für die Schweiz nicht minder verbindlich) ein rechtlicher Rahmen geschaffen worden, der die Finanzinstitute zu einer Kooperation in der Finanzdatennutzung zwingt.
Skalierbarkeit: Je offener das System und je intensiver die Datenflüsse, desto beanspruchter die Infrastruktur. Ein BaaS-Modell hat demzufolge auch einen völlig neuen Anspruch an die Skalierbarkeit in der Ressourcenbereitstellung. Damit die erforderliche Variabilität gegeben ist, bietet sich die Cloud als optimale Version an. Es lohnt sich, Modelle zu prüfen, bei denen Skalierbarkeit mit maximaler Sicherheit einhergeht. Für die Finanzindustrie bedeutet dies, dass hybride Cloudmodelle den beiden Kriterien am ehesten entsprechen.
Ökosysteme für maximale Kundenzentrierung
Die Wertschöpfung in der Finanzindustrie geht neue Wege. Durch die reine Infrastruktur, die Technologie oder die Kernbankensoftware ist keine Wettbewerbsdifferenzierung mehr zu erzielen. Steht die Kundenzentrierung im Mittelpunkt, so bedeutet dies, dass das gesamte Ökosystem eines Finanzinstituts auf ein möglichst nahtloses digitales Kundenerlebnis ausgerichtet wird. Hierfür werden quasi im Baukastenprinzip Bankprozesse oder Finanzdaten verfügbar gemacht und individualisiert. Die neuen Service-Angebote nach dem BaaP-Modell finden dann beim Kunden Akzeptanz, wenn sie ihm Mehrwert bieten, beispielsweise seine Daten, Konten, Karten, Kredite aggregieren oder ihm die Beratung und den Bezug von Finanzprodukten erleichtern. Der Kunde kann dann je nach Situation entscheiden, welche Bankleistung er wie bezieht, um sein individuelles Bedürfnis zu stillen, und sich diese über ein einheitliches Front-End «zusammenklicken».
Damit rücken vor allem unabhängige Anbieter für die Entwicklung und den Betrieb von Open-Finance-Plattformen in den Fokus. Die Inventx betreibt eine solche hochsichere Plattform, basierend auf einer hybriden Cloud, und bereichert um PaaS- sowie SaaS- und seit neuestem auch BPO-Services. Jeder Beteiligte an der Plattform – ob Anbieter oder Bezüger von Finanzdienstleistungen – kann sowohl Services einspeisen als auch nutzen. Neben Kostenersparnis können Kundenbedürfnisse schneller abgedeckt und neue Geschäftsmodelle in gelebter «Co-opetition» erschlossen werden.