Dalith wird an der ix.perience, dem Banken- und Versicherungsforum der Inventx, am 13. September im GDI zum Thema «Innovationen durch KI in Banken und Versicherungen: Herausforderungen und Chancen für die Finanzbranche» sprechen.
Dalith, manche sehen in KI den Heilsbringer, andere fürchten die Technologie aus verschiedenerlei Gründen. Wo steht ihr in diesem Spannungsfeld?
Unser Ziel bei SwissCognitive ist es, das Potenzial von KI im alltäglichen Geschäft aufzuzeigen und unser akkumuliertes Wissen über Anwendungen in diversen Industrien und Branchen zu teilen. Wir wollen Vertrauen dafür schaffen, dass KI dort, wo sie richtig eingesetzt wird, Menschen in ihren Entscheidungen unterstützen und unser Leben einfacher, gesünder und sicherer machen kann.
Bei allen Benefits, die wir sehen, blenden wir aber die Risiken nicht aus. Doch diese liegen nicht in der Technologie selbst, sondern vor allem in deren Missbrauch durch den Menschen. Viel ist z. B. davon die Rede, dass die Ergebnisse verzerrt seien, weil sie auf falschen oder tendenziösen Daten beruhen – doch damit hält uns die KI nur einen Spiegel vor: Wir Menschen sind es, die mit Voreingenommenheit Daten sammeln, auswählen und der KI zur Verarbeitung weitergeben. Wir Menschen haben die Chance, aus den Resultaten der Algorithmen zu lernen, die zugrunde liegenden Daten zu hinterfragen und entsprechend notwendige Anpassungen vorzunehmen. Es liegt in unserer Verantwortung, die Richtigkeit und Objektivität der Daten und ihrer Quellen zu überprüfen.
Wie können wir die richtige Balance zwischen Innovation dank KI und notwendiger Regulierung finden?
Aus meiner Sicht sollten wir die Innovationskraft nicht mit zu vielen Regulierungen unterbinden. Ich persönlich bin der Meinung, dass uns Standards, welche auf globaler Ebene anerkannt werden, weiterbringen. Zwei zentrale Forderungen an KI sind die «Explainability» und «Data Accessibility». In vielen, vor allem sensitiven Gebieten ist die Nachvollziehbarkeit, wie ein Algorithmus zur Lösung eines Problems gelangt ist, unabdingbar; ebenso der Datenschutz. Doch es gibt auch Bereiche, in denen das keine so wichtige Rolle spielt.
Wir empfehlen, sich in einem ersten Schritt auf Use Cases zu konzentrieren, in denen diese Kriterien in den Hintergrund treten. Firmen können so die Vorteile des Einsatzes einer KI erleben, etwa indem Routinearbeiten schneller, genauer und kostengünstiger ausgeführt werden, so dass ihre Mitarbeitenden mehr Zeit für die wesentlichen Aufgaben und Kundenbetreuung haben. So lernen wir aus positiven Erfahrungen mehr über die Mächtigkeit der Technologie, ihren Nutzen und ihre Grenzen und können uns im nächsten Schritt auch an komplexere Anwendungsszenarien wagen.
Mittlerweile bangen selbst Journalistinnen und Journalisten, Juristinnen und Juristen oder Kreativschaffende, dass KI ihre Jobs besser, schneller und günstiger erledigen kann. Was kannst du entgegnen?
Ich finde, wir sollten nicht in erster Linie darüber sprechen, dass KI Jobs vernichtet. Weder durch den Taschenrechner noch durch Bewässerungsanlagen ist es in der Vergangenheit zu Massenarbeitslosigkeit gekommen. Sie haben aber unser Leben einfacher gestaltet. Wir sollten im Gegenzug darauf fokussieren, dass KI dazu befähigt, einen Job besser zu erledigen. Und das gilt auch für Kreativschaffende, für die sich mit GenAI viele neue Möglichkeiten eröffnen.
Der Einsatz von Technologie kann uns Raum für zwischenmenschliche Interaktion schaffen und bessere Informationen liefern, so dass Menschen auf dieser Basis auch besser beraten, Risiken umfassender abschätzen oder fundiertere Entscheidungen treffen können. Nicht zu vergessen, dass der Einsatz von Technologie in diversen Gebieten der Menschheit mehr Schutz oder Gesundheit bringen kann.
Was oft ausgeblendet wird: Der vielfach beklagte Fachkräftemangel kann mit dem Einsatz von Technologie gemindert werden. Beispielsweise im Baugewerbe. Fehlen zu viele Arbeitskräfte und kann ein Generalunternehmen deswegen ein Bauprojekt nicht ordnungsgemäss zu Ende bringen, verlieren bestehende Arbeitnehmende womöglich auch noch ihre Arbeit. Was spricht dagegen, fünf Kräne von einer Person in einer Zentrale mit einem Joystick zu steuern, anstatt darauf zu hoffen, fünf Kranführende auf einem ausgetrockneten Fachkräftemarkt zu finden?
Oder nehmen wir ein Call Center, in dem die Mitarbeitenden permanent mit ohnehin schon unzufriedenen Anrufenden konfrontiert sind. Bei einer Triage durch eine KI können Bagatellfälle rasch und problemlos gelöst werden, so dass der menschliche Faktor vor allem bei schwierigeren Problemstellungen zum Tragen kommt und die direkte Kundenbetreuung an Wert gewinnt.
Weitere Einsatzmöglichkeiten sehe ich bei Menschen mit Beeinträchtigungen. Dank KI können Blinde programmieren lernen oder Parkinson-Kranke wieder schreiben.
Und so gäbe es unzählige Bereiche, wo durch KI wichtige Ressourcen freigesetzt werden können.
In welchen Industrien siehst du momentan schon interessante Anwendungsszenarien, die zu mehr Effizienz, etwa für das Klima, oder zu besserer Beratung führen?
Wir sehen heute schon viele Anwendungen, welche uns helfen, unsere grössten Probleme weltweit zu lösen – von Früherkennung tödlicher Krankheiten bis hin zu Hunger oder Klimawandel.
Ein Beispiel aus der Logistik bzw. bei der Optimierung von Supply Chains: Wenn Schiffe anhand von Daten ihre Routen optimieren, indem zum Beispiel das Wetter oder die Strömung einbezogen werden, stellt sich möglicherweise heraus, dass die kürzeste Route nicht zwingend die verbrauchsärmste sein muss. Doch auch beim Bau von Transportmitteln kann durch KI bereits berechnet werden, wie Materialien beschaffen sein müssen, damit sie leichter und dennoch stabiler sind, um weniger Gewicht zu haben und damit weniger Treibstoff zu verbrauchen.
Wie heisst es so schön: «Der Mensch ist dazu prädestiniert, Lösungen zu finden für Probleme, die er selbst erschaffen hat».
Mich beschäftigen in diesem Zusammenhang vor allem Fragen, die sich zum Change Management stellen: Wie denken wir die Prozesse neu? Was bedeutet dieser Paradigmenwechsel durch KI für die Leadership? Wie schaffen wir Vertrauen?
Und à propos Vertrauen: Auch in der Finanz- und Versicherungsindustrie, in der Vertrauen die wichtigste «Währung» zwischen Bank bzw. Versicherung und Kunde ist, werden wir mit dem Fokus auf Daten und deren Verarbeitung durch KI einen grossen Wandel erfahren. Und darüber werde ich an der ix.perience sprechen.