Herr Capol, wie kommt die FHGR dazu, «AI in Software Engineering» als Studiengang zu lancieren?
Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nach Software Engineers, Software Architects oder Test Engineers steigt stetig. Gemäss Studien können wir insbesondere in der Informatik von einem Automatisierungspotential von etwa 60 % mit generativer künstlicher Intelligenz ausgehen. Das bedeutet aber nicht, dass die Arbeit verschwindet, sondern, dass die künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten für Informatikerinnen und Informatiker schaffen wird. Schliesslich muss es Expertinnen und Experten geben, welche die KI gezielt als Werkzeug einsetzen können. Genau dies wollen wir mit unserem Studiengang adressieren. Die Studierenden lernen, künstliche Intelligenz in der Software-Entwicklung einzusetzen und auch selbst solche zu entwickeln. Software Engineering wird in Zukunft mit Hilfe von KI effizienter und effektiver, die Qualität höher. Testfälle und Quellcode können automatisiert generiert werden, was enorm viel Zeit einspart. Das Momentum rund um generative KI hat uns zusätzlich gezeigt, in welche Richtung es gehen wird.  

Hinzu kommt die Tatsache, dass auch erfahrene und für die Unternehmen wertvolle Senior Software Engineers oft die Skills rund um KI nicht haben. Im Trend der Automatisierung muss hier unbedingt ein Umdenken stattfinden. Was heutzutage mit künstlicher Intelligenz möglich ist, wird die ganze Softwarebranche umkrempeln. Die Tätigkeit der Software Engineers wird damit anspruchsvoller, die KI bietet Unterstützung.  

Können Sie die strategischen Überlegungen noch etwas genauer erläutern?
Im Kanton Graubünden nehmen wir mit den Informatik-Studiengängen Computational and Data Science oder AI in Software Engineering eine Vorreiterrolle ein. Die schweizweit einzigartigen Studiengänge in einem persönlichen und praxisnahen Umfeld sorgen für eine nationale und mittlerweile internationale Ausstrahlung. So kommen ungefähr 80% der Studierenden nicht aus dem Kanton Graubünden. Es lohnt sich also, zu uns in den Kanton Graubünden zu kommen. «Studieren, wo andere Ferien machen», sozusagen. Dies bietet auch für Bündner Unternehmen wie die Inventx ein Potential, mit dem neuen Standort in Chur auf einen «Brain Gain» zu setzen. So kann unser Kanton neben einer exzellenten Hochschulausbildung auch attraktive Arbeitsplätze bieten.  

Am Hauptsitz von Inventx in Chur werden viele Informatikerinnen und Informatiker beschäftigt. Die hiesigen Unternehmen sind wichtig für den Kanton. Zudem können sie von Ausbildungsstätten wie der FH Graubünden profitieren und beispielsweise Weiterbildungen anbieten. Das ist auch im Einklang mit der Hochschul- und Forschungsstrategie des Kantons. 

Die FHGR und Inventx treten bei diesem Thema als Partnerunternehmen auf. Was genau beinhaltet diese Partnerschaft?
Eine Partnerschaft hat bei uns immer mehrere Dimensionen. In erster Linie geht es um die gegenseitige Unterstützung der jeweiligen Produkte und Dienstleistungen. Inventx kann bei uns ihre Mitarbeitenden weiterbilden lassen und wir bekommen von Inventx beispielsweise fachbezogene Inhalte zu Themen wie etwa «Data Science in Banking» oder «Bots in der Versicherungsindustrie». Als Fachhochschule müssen wir auch Praktikums- und Teilzeitarbeitsplätze gewährleisten. Hier sind wir auf die Unterstützung und Zusicherung von Unternehmen wie Inventx angewiesen. Handkehrum sind diese Unternehmen die Hauptabnehmenden der Absolventinnen und Absolventen und sind froh, gut ausgebildete Leute in der Region zu finden.  

In Zukunft planen wir, diese Partnerschaft weiter auszubauen und beispielsweise ganze Module von Praxisanwendungen in Unternehmen wie Inventx bereitzustellen.  

Im Herbst 2024 geht es offiziell los. Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins neue Jahr?
Wir sind optimistisch gestimmt und haben bereits Anmeldungen erhalten. Eine frühzeitige Anmeldung für das Studium ermöglicht den Studierenden eine Planungssicherheit in Bezug auf Wohnen, Arbeiten und vielleicht noch einer Reise vor dem Studium. Vorfreude auf die beste Zeit des Lebens – das Studium – ist schliesslich die schönste Freude. Unser Anspruch ist es, dass wir den Studierenden eine hohe Qualität bieten und ihnen konkrete Anwendungskompetenzen mitgeben. Dies stellen wir durch kleine Klassen und der Nähe zur Praxis sowie einem Students Lab sicher, damit das Lernerlebnis möglichst vielfältig ist. Unsere Absolventinnen und Absolventen sind hochqualifiziert und auf dem Arbeitsmarkt gefragt.   

Mehr dazu unter:
Bachelorstudienrichtung Artificial Intelligence in Software Engineering – Fachhochschule Graubünden (fhgr.ch)
Bachelorstudium Computational and Data Science – Fachhochschule Graubünden (fhgr.ch)

Quellennachweis
https://www.mckinsey.com/capabilities/mckinsey-digital/our-insights/the-economic-potential-of-generative-ai-the-next-productivity-frontier