Die Innovationszyklen wurden in den letzten Jahren immer kürzer und werden sich in Zukunft eher noch verkürzen als verlängern. Das Business will schnell von den neuen digitalen Möglichkeiten profitieren sowie den digitalen Wandel vorantreiben, um nicht hinter der Konkurrenz oder dem Kundenbedürfnis hinterherzuhinken.

Interne IT-Abteilungen sind häufig überfordert

Schnelligkeit und Flexibilität in der Bereitstellung von IT-Lösungen sind entscheidend, aber viele interne IT-Abteilungen werden damit zunehmend überfordert. Der reine «Make»-Ansatz ist schlichtweg nicht mehr möglich. Doch auch das klassische «Buy»-Modell hat seine Grenzen: Die Heterogenität und Dynamik der eingesetzten Technologien stellen sehr hohe Anforderungen an die Koordination. Dafür rückt die Cloud stärker in den Fokus. Und mit ihr der Vorteil, standardisierte Services zu beziehen und an Flexibilität für fortlaufende Innovation zu gewinnen. Das führt dazu, dass weniger Mittel in die eigene Infrastruktur und in die Entwicklung von skalierbaren Dienstleistungen investiert werden können. Fixkosten werden zu variablen Kosten, die sich nach Gebrauch steuern lassen. Kurz gesagt, lässt sich damit die Effizienz in der Ressourcenbereitstellung steigern.

Die Cloud ist der Motor für Innovation

Doch nicht nur variable und günstige Kostenstrukturen sowie Effizienz sind die Treiber für  Clouddienstleistungen. Finanzdienstleister verkürzen die Zeit bis zur Marktreife der Innovationen dank  der Cloud massiv. Sie können neue Technologien ohne grosse Investitionen einfach, sicher und in Echtzeit nutzen. Damit steigt die Wettbewerbsfähigkeit. Und, was besonders wichtig ist: Finanzinstitute können dank der Cloud einfacher mit den neuen digitalen Technologien experimentieren und neue Möglichkeiten in der digitalen Welt erschliessen.

Wo früher Wochen oder Monate vergingen, bis eine Entwicklungs- und Testumgebung für neue Anwendungen aufgesetzt war, lassen sich dies heute in kürzester Zeit aufbauen – und auch wieder abbauen. Damit können auch Finanzdienstleister unter Einhaltung der spezifischen IT-Security- und Compliance-Vorgaben in komplett neue Bereiche vorstossen und mit geringem Aufwand zum Beispiel mit Produkten und Dienstleistungen (Minimal Viable Products, MVP) die Kundengewinnung und -bindung flexibel ausprobieren.

Im schnellen digitalen Zeitalter ist es unabdingbar, denn der Standard für das Kundenerlebnis (Customer Experience, CX) wird von den Internet-Riesen wie Amazon, Google oder Netflix definiert. Innovativer Vorreiter in der Schweiz ist hier beispielsweise die St. Galler Kantonalbank mit ihrer App «#HäschCash». Die App ist Teil der Digitalisierungsstrategie der Bank. Die Anwendung wurde quasi wie in einem Startup-Projekt gemeinsam mit Kunden entwickelt, um sie spielerisch ans Sparen heranzuführen.

Cloud ist nicht gleich Cloud

Cloud Computing bietet eine einfache Möglichkeit des Zugriffs auf Server, Speicher und Datenbanken. Im Alltagsleben gibt es heute drei Cloud-Modelle: «Software as a Service» (SaaS), «Platform as a Service» (PaaS) und «Infrastructure as a Service» (IaaS). Unternehmen können solche Lösungen von einem oder verschiedenen Cloud-Anbietern nutzen. Das bedeutet aber auch: Die Cloud- und Integrationsarchitekturen werden immer komplexer. Bei der Sourcing-Strategie gilt es insbesondere, auch die benötigten Freiheitsgrade zu berücksichtigen. IaaS bietet den grössten und SaaS den kleinsten Freiheitsgrad für den Kunden. Je nach Bedarf an Individualität in Bezug auf Wettbewerbsdifferenzierung ist deshalb SaaS eine schlechte Wahl. Für «Commodity»-Geschäftsprozesse ist SaaS jedoch absolut valabel, aber nicht zu verwechseln mit einer gehosteten Anwendung.

Bei allen Cloud-Angeboten ist zu beachten, dass bei Finanzinstituten die Nutzung von Cloud-Services eine Transformation des grundlegenden neuen Betriebskonzepts der IT-Organisation zur Folge hat. Die IT-Organisation des Finanzinstituts muss aus dem derzeitigen Modus (Present Mode of Operation, PMO) so transformiert werden, dass je nach Fertigungstiefe die künftige Betriebsart (Future Mode of Operation, FMO) auch anforderungsgerecht betrieben werden kann. Um die Vorteile der Cloud ganzheitlich zu nutzen, ist es unabdingbar, dass diese organisatorischen Anpassungen vorgenommen werden.

Konzeptionelles Herangehen ist zwingend

Generell ist das Thema Sicherheit und Compliance eine der wichtigsten Fragen, der sich Finanzdienstleister beim Entscheid für eine neue IT-Lösung stellen müssen. Die Finanzindustrie beschäftigt sich im Zusammenhang mit ihren Cloud-Strategien intensiv damit. Die Schweizer Bankiervereinigung (SBVg) hat dies zum Anlass genommen, im März dieses Jahres einen neuen Cloud-Leitfaden zu veröffentlichen.

Eine Arbeitsgruppe der SBVg hat sich der Aufgabe gestellt, Cloud Computing in rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen einzubetten. Der Leitfaden ist zwar juristisch unverbindlich, dafür sehr praxisorientiert. Wesentlich ist die Auswahl des richtigen Anbieters und des Zulieferers. Auch die Kundendaten und die Bearbeitung sowie die Transparenz hinsichtlich der Zusammenarbeit von Finanzinstituten, Anbietern und Behörden sind wichtig. Last but not least: Die Clouddienstleistungen und die zu deren Erbringung eingesetzten Infrastrukturen sind genau zu prüfen (Mehr dazu unter: https://www.swissbanking.org/de/medien/news/sicheres-cloud-banking-sbvg-leitfaden-schlaegt-bruecke-in-die-zukunft).

Finanzdienstleister brauchen eine Cloud-Roadmap

Auf dieser Basis muss jede Bank bzw. jedes Finanzunternehmen für sich einen bedürfnisgerechten und individuellen Fahrplan entwerfen. Der Weg in die Cloud kann dabei in mehreren Schritten gestaffelt vollzogen werden. Dieser Wandel erfordert eine enge Kooperation zwischen Business und IT. Im Pilotensitz sitzen der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung, denn eine Cloud-Architekt ist kein normales IT-Projekt, sondern ein elementarer Baustein der Unternehmenstransformation. Eine umfassende Analyse der bestehenden und zukünftigen Geschäftsmodelle, Geschäftsprozesse und Anwendungen ist dabei enorm wichtig, um Szenarien zu entwickeln, die Cloud-Strategie zu definieren und die Roadmap abzuleiten. Optimale Voraussetzung ist es, wenn Unternehmen bereits über eine etablierte Enterprise- und Domänen-Architektur-Practice verfügen. Dabei ist entscheidend, dass teils veraltete Anforderungen systematisch hinterfragt und neu definiert werden.

Menschen machen den Unterschied

Die Umgestaltung bedingt neue Kompetenzen und Ressourcen im Business und in der IT. Die Weiterentwicklung von bestehenden und die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden stellt dabei eine mindestens ebenso grosse Herausforderung dar wie die rein technologische Transformation eines Workloads in die Cloud. Deshalb gilt es, zwingend sicherzustellen, dass das Change Management von Beginn an in der Cloud-Transformation integriert wird. Das erwähnte Zielbild, das Cloud zum Enabler für neue digitale Angebote macht, wird damit zum «Cloud Mode of Operation». Denn nur, wenn sich das Unternehmen auf eine ganzheitliche Cloud-Strategie und nicht nur auf einzelne Produkte und Dienstleistungen fokussiert, kann die Cloud den vollen Nutzen entfalten.