Felix Buschor, Dozent und Projektleiter IFZ, konstatierte, dass die meisten Banken heutzutage einen Teil der IT-Leistungen von Dritten beziehen. Das gesamte Volumen des Sourcingmarktes Schweiz für Schweizer Retailbanken wird auf rund 2.1 Mrd. CHF geschätzt; davon entfallen rund 80 Prozent auf Informatikdienstleistungen.
Galt bisher die IT nicht als wesentlicher Teil der Unternehmensstrategie und bestand die Aufgabe des CIO in erster Linie darin, IT-Leistungen kostengünstig bereitzustellen, so wird die Frage «make or buy» neuerdings wieder differenzierter betrachtet: Das Business meldet zunehmende Bedürfnisse und neue Anforderungen, die Informatik nimmt an der Kundenschnittstelle an Bedeutung zu und ist sowohl für die Automatisierung als auch für Innovation unabdingbar. Neue Funktionalitäten werden oftmals ausserhalb der Kernbankensysteme entwickelt und bedingen neue Zusammenarbeitsformen, falls das Bankinstitut sich für Auftragsentwicklung entscheidet. Auch auf neue Deploymentmodelle geht Felix Buschor ein. Banken entdecken Kooperationen untereinander neu und last but not least ändert auch das Multi-Sourcing im Zusammenhang mit Cloud Computing die Beschaffungspraxis im Banking.
Am Horizont macht Felix Buschor zum Abschluss seiner Ausführungen offene Ökosysteme entlang der DevOps Customer Journey aus und sieht viele neue Ansätze durch Open-Source-Lösungen für Cloud Native, wie etwa Enwicklungsbausteine, Infrastructure as a Code, Testautomatisierung und viele weitere mehr.
Erfahrungsbericht aus Sicht der Bank: Dr. Urs Monstein, Global Head IT und CIO VP Bank
Aus Sicht von Urs Monstein sind die IT-Strategie genauso wie die Sourcingstrategie der VP Bank vollständig eingebettet in die übergeordnete Geschäftsstrategie. Seine Motivation für ein Outsourcing: Zugriff auf die neuesten Technologien wie auch der Schritt hin zu einem höheren Standardisierungsgrad, indem IT-Infrastructure Services bei einem externen Technologieexperten bezogen werden. In der Theorie ein gut geölter Plan – in der Praxis ein Multilayer-Vorhaben, das insbesondere bei der Due Diligence, dem Service Management und den Security Services sowie bei der Transition und den Workplaces mehr Zeit als vorgesehen in Anspruch nahm.
Seine Learnings daher: Outsourcing ist kein «Cost Case”, sondern eine strategische Entscheidung. Es empfiehlt sich, die operative Verantwortung – auch für die Altsysteme – frühzeitig zu übergeben und den gesamten Prozess mit einem speziellen Übergangsmanager zu überwachen. Komplexität muss so weit wie möglich reduziert werden – und Kommunikation untereinander ist der Schlüssel zum Erfolg.
Partnerschaftliche Ko-Innovation ist die Zukunft
Die Sourcingdienstleister-Sicht vertrat Gregor Stücheli. Seine Vision war es bereits vor 15 Jahren, dass IT wie Strom aus der Steckdose bezogen werden wird. Er sieht im Einzug von Technologien wie der Cloud einen radikalen Wandel in den Beschaffungsprozessen.
In dem Masse, wie Technologie das Angebot, etwa im Banking, durchdringt, lässt sich das Kerngeschäft nicht mehr von IT-Leistungen abgrenzen. Die Nutzung innovativer IT-Lösungen wird unmittelbar zum Bestandteil des Geschäftsmodells. Digitalisierung bedeutet schliesslich nicht einfach, papierbasierte Prozesse durch digitale Workflows zu ersetzen, sondern greift in vielen Branchen direkt in die Geschäftsfelder und die Wertschöpfung ein. Diese neue Komplexität muss sich auch im Zusammenarbeitsmodell zwischen Bank bzw. Kunde und IT-Dienstleister widerspiegeln, verlangt Gregor. Heute erleben wir es bereits, dass klassisches Outsourcing und neuartige Governancemodelle nebeneinander existieren. Doch in Ergänzung zum traditionellen «make or buy» rücken auch mehr und mehr hybride, ko-kreative Kooperationen in den Fokus.
Diese Art von Ko-Kreation geht oft auch mit Ko-Investition einher. Das führt dazu, dass beide Seiten ein grosses Eigeninteresse am Gelingen des Projekts haben. Inventx habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Innovationsprojekte als Pilot oder Proof of Concept zu starten. Dadurch wird das finanzielle Risiko überschaubar und nach einem erfolgreichen Abschluss liegen die Eintrittshürden für ein «richtiges» Projekt zumeist tiefer.
Wenn heute ein Projekt startet, können Kunde und Dienstleister noch gar nicht wissen, wie die Partnerschaft in einem Jahr, geschweige denn in drei Jahren aussehen wird. Die Verträge, mit denen sie sich aufeinander einlassen, müssen eine hohe Flexibilität zulassen, damit technologische Entwicklung abgebildet werden kann. Sein Aufruf geht an das Publikum der Konferenz: Jeder, der Sourcingleistungen bezieht, will sich fit machen für die Zukunft – dafür muss auch ein Servicepartner bereitstehen, der bereit ist, langfristig dabei zu sein, sich in das Business des Kunden einzuarbeiten und sein eigenes Geschäftsmodell an den Bedürfnissen seiner Kunden auszurichten.